Wolkenzauber

Auch im Fotografenleben ist es so, dass sich hier und da Routine einschleicht. Wenn man damit seine Brötchen verdient, passiert es ganz schnell, dass man irgendwie aufhört zu experimentieren und Fotos häufig auf deren Verwertbarkeit in den Agenturen macht. Zumindest, wenn man Agenturen beliefert. Die Fotos müssen so aus der Kamera kommen, dass sie nur noch ein wenig bearbeitet werden müssen und dann in der Agentur landen. Zumindest ist das bei mir so. Hinzu kommen dröge Alltagsarbeiten wie Ablage, reihenweise Fotos verschlagworten, Buchhaltung, Rechnungen schreiben, Küche aufräumen, etc. Da das Agenturmonster viel fressen will, passiert es, dass man (also ich) kreativ etwas faul wird und auf altbewährte Formeln zurückgreift, die funktionieren, die nicht zu viel Zeit beanspruchen und die sich verkaufen. Hoffentlich. Ich habe den Dreh immer noch nicht raus, den Markt einschätzen zu können.

Ich will nicht sagen, dass es langweilig ist… oder doch, manchmal schon. In dem Fall zerbreche ich mir den Kopf und muss raus aus dem Trott. Sofern ich die Zeit finde. Ich bin eh schon nicht die Schnellste und Effizienteste und setze mich selbst unter Druck, mehr zu liefern. Obwohl es in dem Fall manchmal besser wäre, die Kamera in die Ecke zu pfeffern und was anderes zu machen, um den Kopf auch wieder freizubekommen. Oder auch vor der Kamera mal etwas anderes zu machen.

Und jetzt war es wieder so weit. Mir wollte und wollte nichts einfallen. Die ganzen Kompositionsversuche, die ich schon 1.000 mal gemacht habe – bäh. Die ollen Props – bäh. Laaaangweilig. Durch Instagram und Pinterest zu surfen – bäh. Laaaangweilig. Ja, die meisten Fotos mit ihren blumigen, kitschigen, übertriebenen, effekthascherischen, egozentrischen und wahrscheinlich oft  auch ziemlich verlogenen Beschreibungen gehen mir, je nach Tagesform, total auf die Nerven, auch wenn sie nett anzusehen sind. Aber manchmal ist es mir einfach zu sülzig. Jedenfalls bin ich auf der Suche nach Inspiration irgendwie auf die “Aqueous Photography” gestoßen und dachte mir, dass das bestimmt mal ganz lustig wäre, es zu versuchen. Ja, ich habe nicht die richtige Ausrüstung. Weder die richtige Tinte – keine Acryltinte, sondern einfache Schultinte – keine Pipette, kein Aquarium, kein Macroobjektiv. Egal. Geht auch so. Ich habe meinen vernachlässigten Blitz aufgebaut, meine große, runde Glasvase rausgekramt und das Tintenfässchen des Sohnes stibitzt. Der Aufbau war mehr als nur ein wenig Primitiv: Ich habe die Vase mit Wasser gefüllt, ein wenig Tinte in einen Behälter gefüllt, aus dem sich kontrollierter gießen lässt, ein Blatt Papier als Hintergrund genommen und den Blitz mit Softbox seitlich aufgestellt. Die Kamera habe ich auf eine sehr kleine Blende gestellt, die Verschlusszeit auf 1/250, mir meinen Fernauslöser geschnappt und dann ging es auch schon los.

Die Ergebnisse sind keinesfalls perfekt geworden, gefallen mir aber trotzdem irgendwie. Die Wolken, die ich haben wollte, habe ich natürlich so nicht hinbekommen. Beim nächsten Mal dann. Weniger spontan, mehr durchgeplant. Und vielleicht mache ich ja auch mal ein Tutorial draus, wer weiß…

 

 

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